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Artenschutz

Was ist eigentlich mit der Pflege des öffentlichen Grüns in Jungingen los?

Vielleicht haben Sie sich diese Frage schon gestellt. Es ist nicht die mangelnde Sorgfalt oder gar Einspareffekte, die hinten den langen Grashalmen stecken.

Nach einer aktuellen Studie sind mehr als 70 % der Insekten in den letzten Jahren verschwunden. Zahlen haben ja oft so etwas abstraktes. Aber wenn wir die früher verschmutzte Windschutzscheibe am Auto mit heute vergleichen, dann wissen wir selbst, was los ist. Ohne Insekten ist nicht nur die Artenvielfalt bedroht, sondern unmittelbar auch der Mensch. Ein Großteil des Obstes und Gemüses ist direkt von der Bestäubung abhängig. Das heißt ohne Bestäubung bleibt die Obstschale leer. Es gibt aber noch weitere wichtige Aufgaben, die die Insekten leisten. Sie regulieren die Schädlinge auf den Feldern und Gärten, reinigen das Bachwasser und sind wichtige Zersetzer für tote Tiere, Kuhfladen oder Hundehaufen. Der wochenlang liegen bleibende Haufen ist ein anschauliches und ernstes Anzeichen für das gestörte Gleichgewicht. Das Fehlen der Insekten führt zu einem Ausfall der biologischen Müllabfuhr.

Aus diesen Gründen hat sich der Ortschaftsrat für eine naturschutznahe Optimierung der Grünflächenpflege unter dem Gesichtspunkt der Erhöhung der Biodiversität entschieden. Wir überprüfen jede Rasenfläche und stellen uns die Frage, ob hinsichtlich ihrer bisherigen Nutzung eine Umwandlung möglich ist. Hier ist zur Förderung der Pflanzenvielfalt eine ein- oder zweimalige Mahd mit einem Langgrasschneider vorgesehen. Nach der Trocknung wird das Schnittgut abgeräumt. Im Friedhof und auf Spielplätzen werden wir weiterhin Rasenflächen vorhalten.
Wir fragen uns, wie es mit der Akzeptanz und der Ästhetik der naturnahen Grünflächen seitens der Bürgerschaft aussieht. Möglicherweise haben moderne Pflegemaschinen zu einer "Leidenschaft am Mähen" und damit zu einem übersteigerten Ordnungs- und Fleißbewusstsein geführt. Wir brauchen einen Sinneswandel, der die Natur wieder in allen ihren Erscheinungsformen akzeptiert. Dies erfordert die Rücknahme menschlichen Handelns mit dem Ziel des Stehenlassens und der Akzeptanz von Brachen und ungemähten Säumen, Rändern und Rainen.

Untersuchungen zeigen, dass häufiges Mähen zu einem starken Rückgang der Insekten auf  diesen Flächen führt. Darüber hinaus ist die Zahl seltener Arten auf Wiesenflächen höher als auf Rasenflächen. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass sich der eigentliche Wert der Umstellung erst mittel- und langfristig einstellen wird. Ungemähte Wiesen bringen zusätzliche Pflanzenarten, die auf gemähten Rasen fehlen. Wir dürfen also nicht gleich aufgeben.
Im Grunde genommen, erfordert ein innerörtlicher Naturschutz eine Grundeinstellung der Bürgerschaft, die vergleichbar ist mit anderem längst verinnerlichten ökologischem Handeln, wie Mülltrennung und Energieeinsparung.

Unsere Initiative zur Förderung der Artenvielfalt im öffentlichen Grün ist gestartet. Wenn Sie Fragen, auch in der praktischen Umsetzung haben, dann melden Sie sich gern.

Marion Schindler
Ortsvorsteherin